Ein Hilfsprojekt für Kuba

Libanon, Irak, Syrien und jetzt Kuba…

Warum denn das? Woll’n die zwei mal Urlaub machen?

Nein, ganz und gar nicht! Und dennoch stellt sich so manchem die Frage, warum Pascal und ich im Februar 2024 für ein Projekt der "Karawane der Menschlichkeit" nach Kuba gereist sind.

Wie vielleicht nicht alle wissen, haben sowohl Pascal als auch ich jahrelang davon gelebt, Reisevorträge über diese sozialistische Karibik-Insel zu zeigen. Wir haben Bildbände herausgebracht, ich war mit einer kubanischen Band auf Tournee durch Deutschland und alles war fein!

Bis wir vor einiger Zeit durch unsere kubanischen Freunde erfahren haben, dass die wirtschaftliche Situation auf Kuba sich immer weiter und dramatisch zuspitzt. Während noch bis 2018 eine Hochphase des Kuba-Tourismus herrschte - gefühlt die halbe Welt wollte noch schnell nach Kuba, um dieses Freilichtmuseum karibischen Sozialismus’ in Natura zu erleben, bevor McDonald’s und Starbucks die Herrschaft übernehmen - ist während der Corona-Zeit der Kuba-Tourismus völlig zusammengebrochen und hat sich seither auch nicht wieder erholt. Der Tourismus ist aber indirekt der größte Arbeitgeber und Devisenbringer dieser Insel.

Wir, Pascal und ich, haben also jahrelang von diesen liebenswürdigen Menschen profitiert. Wir durften ihre Geschichten in unzähligen Anekdoten in unseren Vorträgen erzählen und in unseren Büchern niederschreiben, wir verwendeten ihre Musik als Soundtrack zu unseren Live-Reportagen, wir kamen in den schönsten und abgelegensten Landschaften der Insel in den Genuss kubanischer Gastfreundschaft und Hilfsbereitschaft. Und nun, da viele dieser Menschen nicht mehr wissen, wie sie den nächsten Monat überstehen sollen, scheint es uns an der Zeit, wieder etwas von all dem zurückzugeben!

Also sammelten wir mit unseren Vorträgen Geld, um damit ein paar kleinen Projekten auf Kuba finanziell unter die Arme greifen zu können. Schon im Vorfeld haben wir recherchiert und unser über die Jahre gewachsenes Kuba-Netzwerk genutzt, um einige Anlaufstellen auf Kuba zu haben. Und dann brauchte es auch bei diesem Karawanen-Projekt wieder ganz viel Vertrauen! Vertrauen, dass wir schon die richtigen Leute zur richtigen Zeit kennen lernen werden, Vertrauen, dass uns der Karawanen-Spirit auch auf dieser Reise begleiten möge und Vertrauen in die Menschlichkeit diesseits und jenseits des großen Ozeans!


Was wir auf dieser Reise erleben und wo wir unterstützend tätig sein durften, davon wollen wir Euch in den nächsten Wochen hier berichten!

Akute Versorgungskrise auf Kuba als Fluchtursache
Die wirtschaftliche und ebenso die politische Situation auf Kuba ist für uns „Wessis“ aus dem kapitalistischen Europa nur sehr schwer zu verstehen. Zu sehr sind auch wir geprägt durch ein westliches Schwarz-Weiß-Denken.

Ich werde in diesen Texten dennoch versuchen, einige Dinge von mehreren Seiten zu beleuchten.

Aber zunächst einmal zu unseren Projektpartnern auf Kuba:

Schon vorab war geplant, ein sich noch im Aufbau befindendes Kulturzentrum Namens „La Luna Naranja“ in Santa Clara zu besuchen, das soziokulturelle Zentrum „Ventana al Valle“ in Viñales, die Karneval-Comparsa „Niños en la frontera“ für Kinder und Jugendliche aus einem sozialen Brennpunkt Havannas, sowie „El Caliman“- ein Selbstversorger- und Unabhängigkeits-Projekt einiger Rastafari in der Provinz Guantanamo.

Pascal und mir war aus unseren vielen Kuba-Reisen bewusst, dass auf dieser Insel nur wenig streng strukturiert und nach Plan läuft und wir mit unserer europäischen „Planwirtschaft“ nicht weit kommen würden.

Hinzu kommt, dass es derzeit ein enormes Transportproblem auf Kuba gibt. Der Treibstoff für jegliche Art von Verbrennungsmotoren ist knapper und teurer denn je. Genau in der Zeit, in der wir auf Kuba waren, wurde der Treibstoffpreis um mehr als das Fünffache erhöht, was als Teil eines „makroökonomischen Stabilisierungsprogramms“ bezeichnet wird. Ein komplizierter Name, der für das einfache Volk zur Folge hat, wieder vermehrt auf Pferdefuhrwerke, Drahtesel und Schusters Rappen zurückgreifen zu müssen.

Pünktlich zur Arbeit zu erscheinen ist nahezu unmöglich, geschweige denn irgendwelche Verabredungen mit zwei dahergelaufenen Ausländern korrekt einzuhalten…

Wir hatten uns den Luxus eines Leihwagens gegönnt und konnten so nicht nur unsere Verabredungen einigermaßen pünktlich einhalten, wir konnten auch in den Projekten benötigte Waren einkaufen und sonstige Besorgungsfahrten für unsere Partner vor Ort erledigen.

Auf unseren Überlandfahrten war unser Auto die meiste Zeit mit Autostoppern gefüllt. Per Anhalter zu reisen war auf Kuba immer schon alltäglich, derzeit ist es zu weiten Teilen die einzige Möglichkeit, um von A nach B zu gelangen. Zwar sei es eine Seltenheit, dass ein „Juma“, wie wir Gringos hier genannt werden, anhält und Passagiere am Straßenrand mitnimmt, aber dennoch brachten wir es nicht über’s Herz, unser Auto nicht bis unters Dach vollzupacken mit Personen und Säcken voller Waren und Güter. Mit teils sieben Personen in einem Kleinwagen erfuhren wir so einiges über die aktuellen Sorgen und Probleme der kubanischen Bevölkerung.

Noch nie auf meinen Kuba-Reisen habe ich die Menschen so unverblümt über und auf ihre Regierung schimpfen gehört. Keiner scheint sich mehr zu sorgen, ob nicht ein staatlicher Spitzel mit im Auto oder am Nachbartisch sitzt und sie wegen konterrevolutionärer Äußerungen denunziert.

Lediglich als wir einmal einen Polizisten als Anhalter in unser Auto steigen lassen, ist für kurze Zeit Totenstille unter den anderen Insassen unseres Pkw. Erst als der Polizist selbst auf die derzeitigen „Apagones“ - die täglichen und stundenlangen Stromausfälle, und über die Unfähigkeit der Regierung dies zu beheben schimpft, setzen nach und nach auch alle anderen wieder in das übliche Lamento ein.

Pascal und ich waren also schon nach relativ kurzer Zeit darüber im Bilde, was der kubanischen Bevölkerung derzeit am meisten leidet:

Zum einen ist es der Mangel an materiellen Dingen. Viele Produkte des täglichen Bedarfs sind - wenn überhaupt - nur zu völlig überhöhten Preisen auf dem legalen Privatmarkt oder illegalen Schwarzmarkt erhältlich.

Zum anderen und wohl zum größeren Teil macht der Bevölkerung aber der Mangel an Perspektiven zu schaffen. Die fehlende Aussicht auf eine Verbesserung der Situation. Gerade für die junge Generation scheint es unmöglich eine Zukunft auf ihrer Insel zu planen.

Wir trafen kaum Menschen unter 40, die nicht irgendwelche Auswanderungspläne hatten. Zwar lieben sie alle ihre Insel, ihre Kultur und ihr karibisches Lebensgefühl - Möglichkeiten hier würdevoll und den eigenen Vorstellungen entsprechend zu leben, sind jedoch schwer zu finden.

Eine Insel im Aufbruch – allerdings nicht im Aufbruch auf eine neue Etappe kubanischer Revolution – eher ein Aufbruch ins Ungewisse, ein Aufbruch ins Land des „Klassenfeindes“, welcher zwar Schuld an vielen Problemen dieser Insel trägt, aber von jenen Auswanderern als Idol des freien Konsums gesehen wird.

Wir erleben hier also so etwas wie die Geburtsstunde einer neuen Auswanderungswelle. Auch wenn die Wehen schon etwas länger andauern…

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Tanzen als Lebensquell für (Straßen)Kinder
„Was, wenn alle jungen und gebildeten Menschen das Land verlassen haben?“

Diese Frage taucht bei unserer Reise immer wieder auf.

Eine mögliche Antwort hat mir schon 2005 ein alter Kubaner gegeben:

„Dann bleiben die zurück, die ihr Land wirklich lieben und mithelfen, es wieder aufzubauen!“

Ob die Antwort so leicht ist, kann nur die Zukunft zeigen.

Traurig ist aber derzeit wirklich, dass so viele junge Ärzte und Ärztinnen, Lehrer und Lehrerinnen, Ingenieure und Physikerinnen das Land verlassen. Sie haben die Spätausläufer der kubanischen Revolution und ihrer Alphabetisierungs-Kampagne genutzt, sind in den Genuss des Gratis-Studiums auf Kuba gekommen. Nun sehen sie aber keinen Sinn darin, als Ärztin, Lehrer oder Professor der Musik für einen Lohn zu arbeiten, der nicht einmal die Transportkosten zur täglichen Arbeit deckt.

Auf den ersten Blick wirken die meisten Kubaner und Kubanerinnen durchaus wohlgenährt. Spricht man jedoch mit den kubanischen Medizinern, stellt sich heraus, dass das Volk unter einer notorisch-einseitigen Mangelernährung leidet. Ca. jedeR dritte KubanerIn leide schon an Magengeschwüren - Tendenz steigend, erzählt mir Anna, Tochter meines alten Freundes Arnaldo und mit 25 bereits Doktorin der Medizin.

Hauptnahrungsmittel auf Kuba sind Reis und Bohnen sowie Weißbrot und Zucker, außerdem stärkehaltiges Wurzelgemüse und im Hinterhof aufgezogenes oder teuer importiertes Hühnerfleisch. Salat, Obst und Gemüse würden auf Kuba gut gedeihen, müssten aber mit Pumpen bewässert werden, wiederum an der Treibstoffknappheit scheitert. Also sind Obst und Gemüse sehr teuer.

An ausreichend Nahrung mangelt es also auch auf Kuba.

Als wir in Havanna das Projekt „Niños en la frontera“ besuchen, erzählt uns Gründerin Marina, dass sie derzeit kaum an Tanzveranstaltungen teilnehmen können, da sie nicht einmal für eine „merienda“, also eine kleine Brotzeit/Jause für die Kinder aufkommen können.

Seit über dreißig Jahren leitet Marina die Karnevals-Comparsa „Niños en la frontera“. In dem Stadtteil La Lisa, einem sozialen Brennpunkt Havannas, streunen viele Kinder den Großteil ihres Lebens auf der Straße, ohne elterliche Fürsorge, Struktur oder sonstige kindgemäße Beschäftigung. Bei Marina finden sie ihr zweites Zuhause. Die Kinder lieben sie, obwohl die resolute Power-Frau auch sehr streng sein kann. Wer in ihrer Truppe mittanzen wolle, müsse auch regelmäßig und ernsthaft die Schule besuchen, sonst spricht Marina bei den Eltern vor und liest ihnen die Leviten.

Dafür bekommen die Kinder bei Marina neben mütterlicher Liebe professionellen Tanzunterricht, einmal am Tag etwas zu essen und zu trinken, sind weg von der Straße und fühlen sich voller Stolz als Teil dieser Gemeinschaft. Schon so mancher Zögling Marinas hat es in die professionelle Welt des kubanischen Tanzes geschafft!

Noch bis vor wenigen Jahren hatten sie mehrere Auftritte pro Monat, teils in Havanna, teils weiter außerhalb der Hauptstadt. Für solche Auftritte muss der Transport der Kinder bezahlt werden, die Verpflegung für den Tag und oft noch eine Musikgruppe, die die kleinen Tänzer und Tänzerinnen begleitet.

Derzeit ist aber nicht einmal das Geld für einen einzigen Auftritt im Monat da. Im vergangenen Jahr hatten sie insgesamt lediglich drei Aufführungen. Viele Kinder sind deshalb wieder zurück auf der Straße oder bei ihren mehr oder weniger verwahrlosten Familien.

Es war uns daher eine große Freude, dass wir mit Spendengeldern dafür sorgen konnten, dass „Niños en la frontera“ jetzt weiter existieren darf.

Wir haben den Transport, das Essen und die Musiker für ein komplettes Jahr finanziert, damit die Gruppe zumindest an einer Tanz- und Karnevals-Veranstaltung pro Monat in und um Havanna teilnehmen kann.

Wir sind nach wie vor mit Marina und ihrer Truppe in Kontakt und würden uns freuen, dieses Projekt auch künftig unterstützen zu können.

Spenden dafür gerne mit dem Verwendungszweck „Niños en la frontera“ auf das Karawanen-Konto:

Karawane der Menschlichkeit

Verwendungszweck „Niños en la frontera“

Raiffeisenbank Güssing-Jennersdorf

IBAN: AT14 3302 7000 0002 3408
BIC: RLBBAT2E027


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„Ventana al Valle“ - Hoffnungsblick durchs Fenster zum Tal

Ca. 300 km westlich von Havanna liegt das Viñales-Tal, einer der touristischen Hotspots. Kaum ein Ort Kubas hat sich in den letzten 10-20 Jahren so stark durch den Tourismus verändert wie Viñales. Jedes zweite Haus vermietet Zimmer an Touristen, betreibt ein kleines privates Restaurant, eine Bar, ein Café …
Die einst ländliche Idylle, die Campesinos und Vaceros (Landwirte und Cowboys) sind längst mehr Schein als Sein.

Genau hier besuchten wir unser nächstes Projekt. Das kleine sozio-kulturelle Zentrum „Ventana al Valle“.

Wir waren auch bei „Ventana al Valle“ begeistert von der Idee und deren Umsetzung.

Seit über 20 Jahren existiert das Projekt. Von Beginn an sollte es ein Begegnungsort für die Bewohner und Bewohnerinnen des „Barrios“ - des Viertels sein. Kein weiterer Ort für Touristen, vielmehr Treffpunkt und Veranstaltungsort auch für die ärmere Bevölkerungsschicht. Es finden hier Kulturveranstaltungen – unter anderem für Kinder - statt, Yoga-Kurse, Senioren-Tanzveranstaltungen, Konzerte...
Außerdem beinhaltet es ein kleines „Open-Air-Fitness-Studio“, das gerade von der jungen Generation gerne genutzt wird. Dabei befruchten sich alle Aktivitäten gegenseitig. Der junge, körperbewusste, trainierende Mensch sieht die Senioren nebenan tanzen und erzählt es seiner Oma, seinem Opa. Die Yoga-TeilnehmerInnen erleben die Kinderaktivitäten und bringen das nächste Mal ihre Kinder mit usw.

Adriana, die heutige Leiterin von „Ventana al Valle“, hat das Projekt von ihrer verstorbenen Mutter und Gründerin übernommen. Leider steht sie heute vor ganz neuen Herausforderungen. Sehr viele der einstigen MitmacherInnen sind in den letzten Monaten ausgewandert und die finanziellen Mittel reichen nicht aus, um z.B. die neue, kleine überdachte Bühne samt Technikraum fertigzustellen.

Adriana hat einst Sport studiert und blickt heute kritisch auf die Regierung Kubas - obwohl ihr sehr wohl bewusst ist, dass diese sich in einer Art Zwangskorsett befindet. Die US-Blockade treibt das Land über den wirtschaftlichen Abgrund. Reformen wären zwingend nötig, jedoch verschärft jede Reform die Lebenssituation der Menschen zunächst nochmals zusätzlich.

Adrian, ein Namensvetter und Freund Adrianas, ist Profi-Tänzer und hat hier im „Ventana al Valle“ seine ersten Tanzversuche gemacht. Der gutaussehende Tänzer ist in seiner Kritik bedenkenloser: Für ihn ist die Regierung an allem Schuld. Er klagt über die miserable Versorgungslage, das Fehlen von moderner Elektrotechnik, die niedrigen Löhne und die mangelnde Freiheit, seine Zukunft im kapitalistischen Sinne selbst zu entwickeln. Sein Ziel ist es, das Land bei der nächstbesten Gelegenheit zu verlassen. Auf Kuba hat er keine Hoffnung auf Besserung.

Bei unserem Gespräch war den beiden zunächst nicht bewusst, dass wir hier sind, um sie zu unterstützen. Umso schöner war es, als wir dann gemeinsam errechnet haben, was denn an Geld fehlt, um den Bühnen-Bau zu vollenden. Auch Adrians resignierte Augen begannen wieder zu leuchten und ein kleiner Funken Hoffnung schien in ihm zu keimen: Kann es nun doch weitergehen mit dem Projekt!?

Wir konnten das Projekt mit 2.200,-€ unterstützen. Adriana hat das penibel in ihre Buchhaltung eingetragen und uns eine Quittung mit genauem Verwendungszweck ausgestellt.

Das sei wichtig, um auch ihren deutschen Freunden und MitmacherInnen von den „Interbrigadas“ transparent darzustellen, wieviel Geld derzeit zur Verfügung steht, um das Projekt gemeinsam voranzutreiben.

Die Arbeit der „Interbrigadas“ auf Kuba könnt Ihr hier verfolgen und unterstützen:

https://www.interbrigadas.org/tag/brigade-alina-sanchez/

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Projekt im Einklang mit der Natur – „El Caliman“

Von den Rastafari auf Jamaica hat wohl jeder schon mal gehört. Bob Marley hat die Bewegung bekannt gemacht. Dass es auch auf Kuba Rastafari gibt, ist dagegen eher Insiderwissen.

Schon 2005 bin ich (Bruno) in engen Kontakt zur Rasta- und Reggae-Szene Kubas gekommen. Eine Freundschaft, die bis heute anhält, ist die mit Yosvani (Rasta-Name: Eliazar).

Yosvani hat sich vor ca. 13 Jahren den Traum erfüllt, ein Aussteigerleben in den Bergen zu führen.

Zusammen mit weiteren „Brüdern“ und „Schwestern“ bewirtschaften sie seither ein Stück Land, weit oben in den Bergen der Provinz Guantanamo. Ihr Projekt trägt den schönen Namen „El Caliman“.

Sie leben dort ohne Strom und Wasser aus der Leitung (es gibt aber kristallklare Bäche und Flüsse) und sind weitgehend autark. Was als Projekt für ein paar wenige Rasta begonnen hat, hat heute schon eher „Leuchtturm-Charakter“: In einer von Stromausfällen und überteuerten Lebensmitteln geplagten Zeit interessieren sich immer mehr junge Familien aus dem ganzen Land für die Lebensweise Yosvanis und seiner Freunde.

Bereitwillig erzählt er Besuchern, wie es möglich ist, sich von vielen Sorgen und Nöten des kubanischen Alltags zu lösen und unabhängiger von der wirtschaftlichen Schieflage des Landes zu werden.

Ihre Art der Landwirtschaft wird bei uns wohl „Permakultur“ genannt. Yosvani meint dazu: „Ja, ja, man kann allem einen Namen geben, wichtig ist das aber nicht.“

Den Überschuss ihrer Obst- und Gemüseproduktion tauschen die Rasta unten im Tal gegen Dinge, die es oben nicht gibt. Dazu zählt Reis, Benzin für die Motorsäge und Medizin für Mensch und Tier.

Yosvani leidet an drei Magengeschwüren, das seien Überbleibsel aus Jahrzehnten seines Stadtlebens - Yosvani ist in Havanna aufgewachsen. Er ist dadurch körperlich sehr geschwächt und abgemagert. Zum Arzt gehe er nicht mehr - der könne ihm zwar sagen, was im fehle, aber helfen könne er ihm aufgrund mangelnder Medikamente nicht. Er ist also auf den Schwarzmarkt angewiesen. Seine Säureblocker seien aber zu teuer, um sie regelmäßig zu kaufen. Yosvanis Frau Omilsi lebt in großer Sorge um ihren Mann. Wenn er nicht mehr könne, breche das gesamte Projekt „El Caliman“ zusammen, befürchtet sie. Und schon jetzt sei er zu schwach, um ihre Produkte regelmäßig ins Tal zu befördern. Es war uns eine Herzensangelegenheit, mit unseren Spenden Medikamente für Yosvani zu beschaffen und außerdem eine zweite „Mula“ (ein Maultier) zu finanzieren. So kann künftig sowohl die Ware als auch Yosvani selbst auf dem Rücken eines Tieres ins Tal und wieder zurück befördert werden. Außerdem haben wir eine alte robuste Getreidemühle für das Projekt gekauft, was wieder ein weiteres Stück Unabhängigkeit für „El Caliman“ bedeutet.

Für uns zeigen gerade solche kleinen Projekte der Unabhängigkeit, dass selbst in der schwersten Krise noch so einiges machbar ist!

Wer die Rastafari unterstützen möchte, kann das mit dem Stichwort „El Caliman“ auf folgendes Konto tun:

Karawane der Menschlichkeit

Stichwort „El Caliman“
Raiffeisenbank Güssing-Jennersdorf
IBAN: AT14 3302 7000 0002 3408
BIC: RLBBAT2E027

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Der „Orangen-Mond“ spendet Licht am Ende des Tunnels

Es ist leicht vorstellbar und auch bei uns keine Seltenheit, dass sich Menschen aus der eigenen Stadt zusammentun, um gemeinsam einen neuen „Nachbarschaftstreff“ zu gründen. Schwer vorstellbar ist jedoch, dass so ein Projekt kurz vor Vollendung daran scheitern soll, dass die Hälfte der Engagierten ins Ausland abwandert und technisches Equipment plötzlich nicht mehr oder nur zu völlig überhöhten Preisen erhältlich ist.

So ähnlich ging es unserem Herzensprojekt mit dem schönen Namen „La Luna Naranja“ (der Orangen-Mond). In Santa Clara haben sich vor Jahren über 40 Musiker und Musikerinnen zusammengetan, um gemeinsam ihr eigenes Kulturzentrum zu schaffen.

Die Idee war, eine Bühne mit Proberäumen und Aufnahmestudio zu kombinieren. Gerade Studioaufnahmen sind sehr teuer für die Musiker, und Räume zum Proben und Auftreten sind gefragt. Santa Clara ist die Stadt der modernen kubanischen Trova, der „singer/songwriter“.

Clubs wie „El Mejunje“ sind unter Insidern auf der ganzen Insel bekannt. Jede Woche treffen sich hier Musiker aus Santa Clara und anderen Provinzen, um gemeinsam zu musizieren. Das kreative Potential dieser Stadt scheint schier unerschöpflich und musikalische Rohdiamanten arbeiten auch hier als Taxifahrer. Also lag es nahe, einen Raum zu schaffen, in welchem Alt und Jung zusammenkommen und Neues erschaffen. Auch in Santa Clara mangelt es nicht an touristischen Kulturangeboten, der Bedarf der lokalen Bevölkerung an Ausdrucksmöglichkeiten und Zerstreuung scheint zunehmend unterversorgt.

Was mit viel Euphorie begann, wurde bald von der Realität eingeholt. Walter, xy und Co. Und ihr Baby „La Luna Naranja“ wurden von der Corona- und der Wirtschaftskrise überrollt. Über die Hälfte aller Beteiligten hat mittlerweile das Land verlassen und den anderen ist die Zuversicht abhanden gekommen.
Als wir, Pascal und Bruno, das Projekt im Februar 2024 besuchten, waren die Räumlichkeiten bereits renoviert und eingerichtet. Die Bühne starrtklar für den Auftritt und der Tresen bereit für den Ausschank. Walter, der sich als Tontechniker um die technische Ausstattung von „La Luna Naranja“ kümmert, war dennoch hoffnungslos. „Wisst ihr, was derzeit allein ein vernünftiges Mikrofon auf Kuba kostet?“, gibt er zu bedenken. Walter arbeitet bei der „Etecsa“, der kubanischen Telekom und verdient keine 20,-€ im Monat!

Es besteht kaum Hoffnung, in den nächsten Jahren Mikrofone, Lautsprecher, Mischpult, Bühnenlicht und anderes Equipment kaufen zu können, damit „La Luna Naranja“ endlich eröffnen kann.

Dennoch will Walter nicht auswandern. Seine Eltern haben einst in der DDR studiert (daher sein deutscher Name), aber er sieht seinen Platz hier in Santa Clara.

Wir haben Walter gebeten, sich doch bitte ein paar Tage Gedanken zu machen, was denn am allerdringlichsten wäre, und es in einer Liste zusammenzufassen. Mit dieser Liste haben wir uns über das kubanische Internet auf die Suche gemacht und den Schwarzmarkt für Technik zwischen Santa Clara und Havanna durchstöbert. Walter war geschockt von den Preisen, für uns waren z.B. 80,- € für ein gebrauchtes SM-58 Mikrofon ein „normaler“ Preis. Walter hat aber zunächst nur nach chinesischer Billigware gesucht. Wir haben ihn dann gebeten, nach langlebiger Qualität zu suchen, denn wir wären in der Lage das zu bezahlen. Als er nun die Liste zum zweiten Mal abarbeiten wollte, stand Bruno hinter ihm. Walters Hände begannen zu zittern und dann legte er seinen Zettel zur Seite, schüttelte langsam den Kopf und Tränen schossen ihm in die Augen. Bruno fragte: „Walter, was ist los, was ist passiert?“

Walter: „Bruno, seit Jahren hoffen wir, dass uns einmal ein klein wenig das Glück streifen möge und nun trifft uns das Glück mitten ins Herz! So etwas ist mir in meinem ganzen Leben noch nicht passiert!“

Auch alle anderen haben Walters Gefühlsausbruch mitbekommen und das Ganze endet in einer kollektiven Riesenumarmung.

Gemeinsam mit Walter tingelten wir die nächsten Tage mit unserem Leihauto durch Santa Clara und schließlich nach Havanna, um für ca. 8.000,- € Verstärker, Boxen, Stative, Mikrofone, Licht etc. zu kaufen. Mischpult konnten wir in der Zeit leider keines finden.

Damit ist für „La Luna Naranja“ wieder ein Grund mehr da, Santa Clara doch noch eine Chance zu geben, und die Stadt, das Land nicht zu verlassen. Es geht wieder etwas vorwärts, es passiert wieder etwas Hoffnungsvolles. Ein kleines Licht am Ende des Tunnels!

So oder so ähnlich wird uns das von Walter und Co. immer wieder beteuert.

Wir sagen danke, danke dass es Euch gibt!

Auch für dieses Projekt könnt Ihr spenden:

Karawane der Menschlichkeit

Stichwort "La Luna Naranja"

Raiffeisenbank Güssing-Jennersdorf

IBAN: AT14 3302 7000 0002 3408
BIC: RLBBAT2E027

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Wir schenken Liebe, Hoffnung und Menschlichkeit!

In den letzten Wochen haben wir versucht Euch einen kleinen Einblick in die schwierige Lebensrealität der Kubaner, der Kubanerinnen zu geben. Mit der Karawane sind wir ja meist dort, wo Flucht bereits passiert ist. Auf Kuba waren wir genau zu dem Zeitpunkt an dem Ort wo Menschen ihr hab und Gut verkaufen, um ihr Land zu verlassen. Menschen verlassen ihr Land aus verschiedensten Gründen. Manche nennen es Flucht manche nennen es auswandern. Eines haben aber wohl die allermeisten gemeinsam: Ihre Heimat, ihre Kultur, ihr soziales Umfeld, ihre Familien und ihre Freunde wollen sie eigentlich gar nicht verlassen, denn sie lieben all das und sind nichts anderes gewohnt. Aber wie hier auf Kuba fehlt es oft an Perspektiven, an Hoffnung, an Zuversicht.

Und genau das haben wir mit unseren bescheidenen Mitteln versucht zu geben:

> Marina und die „Niñõs en la frontera“ werden das kommende Jahr weiter tanzen

> „La Ventana Al Valle“ wird auch künftig Kultur und Sport für die Bewohner in Viñales anbieten können

> „Caliman“ wird als altarnative Lebensform, nicht nur für Rastafari gedeihen dürfen

> und „La Luna Naranja“ - der Orangen-Mond - strahlt in Santa Clara Hoffnung aus, dass es doch noch weiter gehen kann!

Gegen die zerstörerische Kraft der US-Blockade sind wir zwar Chancenlos, aber zum Glück können Liebe, Hoffnung und Menschlichkeit von keinem Land der Welt sanktioniert werden!

Hasta la esperanza siempre!

 

Pascal & Bruno

für die "Karawane der Menschlichkeit"

https://karawane-der-menschlichkeit.org/aktuelles/

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